Serientipps: 10 x neuer Stoff für die Feiertage

2016 war ein Arschloch-Jahr. Es war schrecklich, gemein, unfreundlich, ungerecht, rücksichtslos. Grund genug, sich über die Feiertage und die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr in gute Serien zu vergraben. Das lenkt ab, und die Zeit zum neuen Jahr geht schneller herum. Und: Gute Unterhaltung tut der Seele gut. Deswegen habe ich eine kleine Liste mit Serientipps gemacht – zehn neue Serien aus diesem Jahr*, die ich empfehlen kann. Für alle, die noch Nachschub brauchen.

*Übrigens: In diesem Jahr wurden unfassbare 455 Serien veröffentlicht, hat FX in einer Studie festgestellt. Das sind nochmal 8 Prozent mehr als 2015. Und 71 Prozent mehr als vor fünf Jahren. 


(via Giphy)

Fangen wir doch erstmal mit deutschen Produktionen an:

„Tempel“
Drama in einem Berliner Kiez. Es geht um Gentrifizierung, organisiertes Verbrechen und noch einige andere Themen. Altenpfleger Mark Tempel (Ken Duken, überraschend gut) hat eine zwielichtige Vergangenheit. Obwohl er aus Liebe zu seiner Frau die Verbindungen in die Unterwelt gekappt hat, wendet er sich aus Geldnöten eines Tages wieder seinem altem Boxclub zu. Eine unheilvolle Entscheidung. Die Serie ist leider ein bisschen überladen, weswegen die Charaktere zu wenig Raum zum Atmen haben. Aber: Die Besetzung ist toll, die Stimmung ist gut eingefangen, und die 6 mal 30 Minuten gucken sich unterhaltsam weg. Das ist übrigens die erste eigene Drama-Serie von ZDF Neo. Wer vor dem Anschauen mehr wissen will: Peer Schader bringt die Mängel und Stärken in seiner Kritik für DWDL.de gut auf den Punkt.
Gibt’s in der ZDF-Mediathek.

„Phoenixsee“
Ich habe zehn Jahre in Dortmund verbracht, und es waren prägende Jahre: Studium und erste Jahre als freie Journalistin. Das wollte ich zur Einordnung meines nächsten Tipps kurz vorweg schicken. Denn diese Serie atmet Pott und seine Probleme. In „Phoenixsee“ treffen das Arbeiter-Ruhrgebiet und das Neureichen-Ruhrgebiet aufeinander: Im Mittelpunkt stehen zwei gegensätzliche Familien im Dortmunder Arbeiter-Stadtteil Hörde, deren Wege sich immer mal wieder kreuzen. Die Figuren sind überzeugend besetzt, besonders gut hat mir Anna Stieblich (bekannt aus „Türkisch für Anfänger“) als Mutter der alteingesessenen Arbeiter-Familie gefallen. Leider haben die Drehbuchautoren nicht alle Klischees umschiffen können, aber das Reingucken in diese WDR-Produktion lohnt sich.
Gibt’s in der WDR-Mediathek und bei Amazon Video, iTunes und Maxdome.

„Die Windsors – 100 turbulente Jahre“
Der ARD-Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebrecht hat diese Dokumentation gemacht, also jemand, der der Monarchie nahesteht. Das sollte man wissen, bevor man sich darauf einlässt. Dennoch: Der Dreiteiler gibt einen spannenden Einblick in die Höhepunkte und Dramen der britischen Königsfamilie und ist eine gute Ergänzung zu meinem nächsten Tipp.
Läuft am 25., 26. und 31.12. jeweils um 19.10 Uhr im Ersten.

Weiter geht’s mit Serien auf Netflix:

„The Crown“
Ein anderer Verfechter der Monarchie, Peter Morgan, hat sich dem Hause Windsor etwas anders genähert als Seelmann-Eggebrecht: Er hat eine fiktive Serie aus der Regentschaft von Queen Elizabeth II. entwickelt. Die erste Staffel, die in diesem Jahr veröffentlicht wurde, dreht sich um die Thronbesteigung von Elizabeth Windsor und ihre ersten Regierungsjahre. Spannendes Porträt einer Frau, die komplett auf sich allein gestellt ist, sehr unterschiedlichen Ansprüchen und Erwartungen gerecht werden muss – und doch eigentlich viel lieber eine „ordinary English country woman“ wäre. Claire Foy in der Rolle der Elizabeth Windsor ist großartig, ebenso ihr politischer Gegenpart Winston Churchill, der von John Lithgow gespielt wird. Und nein, hier geht es nicht nur um persönliche Dramen, sondern auch um die politischen Entwicklungen in Großbritannien kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, kombiniert mit politischen Schachzügen und Hofintrigen. Eine sehr sehenswerte Mischung.
Gibt’s bei Netflix.


(via Giphy)

„Designated Survivor“
Gleich in der ersten Folge gibt es, dramaturgisch ungewöhnlich, einen verheerenden Terror-Anschlag auf die amerikanische Regierung. Und mit „verheerend“ meine ich wirklich verheerend: Der Präsident, sein Stab, alle Minister und fast alle Abgeordneten sind ums Leben gekommen. Dazu viele enge Mitarbeiter und einige hohe Richter. Der einzige, der übrig bleibt: der designated survivor. Es gibt in den USA nämlich ein Gesetz, das vorsieht, dass bei Veranstaltungen wie der Amtseinführung oder der Rede zur Lage der Nation ein Regierungsmitglied an einem geheimen Ort sein muss, für den Fall der Fälle. In der Serie ist das der Wohnungsbau-Minister Tom Kirkman, ein überraschend unerfahrener Politiker – und er ist nun der Präsident der Vereinigten Staaten. Der Zufallspräsident muss das Land zusammenhalten und gleichzeitig Stärke auf der Jagd nach den Attentätern beweisen. Eigentlich ein Job für Jack Bauer – und wie es der Zufall will, wird Kirkman von Kiefer Sutherland gespielt. Da es sich hierbei um eine Produktion für den Sender ABC handelt, stehen natürlich auch persönliche Dramen (Kirkmans Kinder, denen der Umzug ins Weiße Haus schwer fällt) und handfeste FBI-Ermittlungen im Drehbuch. Das ist manchmal etwas zu viel von allem. Trotzdem: spannende Serie.
Immer sonntags gibt’s eine neue Folge bei Netflix, bisher sind zehn abrufbar. (Die erste Staffel wird 22 Folgen umfassen.)

„Dirk Gently’s Holistic Detective Agency“
Ein Detektiv, der sich von Zufällen leiten lässt. Ein Kult-Anführer, der tatsächlich Seelen wandern lassen kann. Eine Rowdy-Band, die sich von Gefühlen ernährt. Eine Auftragskillerin, die keine Aufträge bekommt und trotzdem die Richtigen umbringt. Das ist nur eine ganz kleine Auswahl der Figuren, mit denen diese Serie aufwartet. Hört sich absurd an? Ist es auch und kommt aus der Feder des großartigen und leider viel zu früh verstorbenen Douglas Adams. Seine „Dirk Gently“-Bücher sind die Vorlage für diese Produktion von BBC America und Netflix, die allerdings nicht in Großbritannien, sondern in den USA spielt. Die Charaktere machen Spaß, das Erzähltempo ist rasant, die Geschichten sind seltsam und trotzdem spannend. Wirklich toll: Die Figur Dirk Gently, die vom Briten Samuel Barnett gespielt wird und kurioserweise Sherlock-Züge hat.
Gibt’s bei Netflix.

Kommen wir zu Serien, die bei Amazon Prime zu finden sind:

„The Night Manager“
Tom Hiddleston und Hugh Laurie stehen im Mittelpunkt dieser Mini-Serie, die auf dem Spionage-Thriller „Der Nachtmanager“ von John le Carré basiert: Hiddleston ist der Hotelangestellte Jonathan Pine, der zum Spion wird und den milliardenschweren Waffenhändler Richard Roper, gespielt von Laurie, zur Strecke bringen soll. Auch die Besetzung hinter der Kamera ist hochkarätig: Regie führte die Oscar-Preisträgerin Susanne Bier. Herausgekommen ist eine Hochglanzserie im besten Sinne: tolle Bilder, dicht erzählt, spannende Handlungsbögen bis zum Schluss. Das macht großen Spaß.
Gibt’s bei Amazon Prime, aber zum Beispiel auch bei iTunes oder Maxdome.


(via Giphy)

„Lucifer“
Der Teufel hat in der Hölle Langeweile und eröffnet deswegen eine sündige Bar in Los Angeles. Doch weil er nicht aus seiner Haut kann, muss er auch auf der Erde seinem Verlangen nachkommen, schuldige Menschen zu bestrafen – und fängt an, bei den Ermittlungen der Polizei von Los Angeles mitzumischen. Natürlich, indem er seine überirdischen Fähigkeiten einsetzt. Im Himmel ist man allerdings nicht begeistert davon, dass Lucifer Morningstar hingeschmissen hat und versucht ihn mit unterschiedlichen Mitteln zur Rückkehr zu bewegen. Die Serie basiert auf dem Comic „Vertigo“. Obwohl es hier häufiger „Murder of the Week“-Fälle gibt, sind doch viele Handlungsbögen und auch einige Verbrechen übergreifend angelegt, wodurch die Struktur nicht zu starr ist. Dazu ist die Figur des Lucifer sehr interessant: Er macht tatsächlich eine Entwicklung durch, muss einige innere Konflikte bewältigen (geht zur Therapie!) und wird vom Briten Tom Ellis herrlich arrogant, launig, hin und wieder erfrischend naiv und manchmal unmenschlich gespielt. Ein Charakter zum Andocken, der trotzdem abstoßend sein kann.
Staffel 1 gibt’s bei Amazon Prime. Im Januar ist die Serie in den USA gestartet, und schon im September wurde mit der zweiten Staffel nachgelegt. Die bereits gesendeten Folgen von Staffel 2 gibt’s gegen Geld bei Amazon, iTunes oder Videoload.

Und schließlich noch zwei Empfehlungen, die es bei Sky gibt:

„Westworld“
Eine Welt, in der man in den guten alten Wilden Westen abtauchen kann, Gangster, Prostituierte und Schießereien inklusive. Und das Tolle ist: Man kann zwar alles erleben, sogar Banditen erschießen, aber es kann einem nix passieren. „Westworld“ liefert das alles – es ist ein Vergnügungspark der Zukunft, und alle Bewohner sind Roboter, die Menschen zum Verwechseln ähnlich sind. Sobald sie verletzt oder getötet werden, werden sie nachts von Technikern repariert, damit sie am nächsten Tag den Besuchern wieder eine Realität vorgaukeln können. Was anfangs wie eine Drama-Serie aussieht, die sich ausgiebig mit den Fragen: „Was macht den Menschen aus? Wie entwickelt sich ein Gewissen?“, beschäftigt, wird schnell zu einer Art Game-Serie, in der ein Rätsel nach dem anderen aufgebaut und später auch aufgelöst wird. Das ist zweifelsohne spannend (allerdings sollte man nicht unbedingt vorher alle im Netz kursierenden Theorien lesen und sich auch sehr vor Spoilern in Acht nehmen) und aufwändig produziert (ist eine HBO-Serie), doch leider nicht darauf ausgelegt, dass hier Charaktere entwickelt werden, mit denen man mitfiebern kann.
Gibt’s bei Sky Atlantic HD als Marathon vom 25. bis 27. Dezember und bei Sky Ticket/Sky Go.

„The Young Pope“
Jude Law spielt einen Papst, der zwar jung ist, dennoch reaktionäre Ansichten hat und genau weiß, was er will. Ein unberechenbarer Despot, der nur durch eine Intrige an die Macht gekommen ist. Dazu: Die wunderbare Diane Keaton als Schwester Mary, die seine Bezugsperson im Waisenhaus war und nun zu seiner Privatsekretärin wird. Erfunden, geschrieben und gedreht von Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino. Opulente Bilder, überzeugende Charakterstudien. Und natürlich: großartige Schauspielerleistungen.
Gibt’s bei Sky Atlantic HD als Marathon am 25. und 26. Dezember und bei Sky Ticket/Sky Go.



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